Mit dem Grundmodell “Gleichverteilung…” (Abb. 2) werden die vier wichtigsten Förderziele in Bezug auf die Re-Integration in den Arbeitsmarkt, die Bewältigung des Alltag und hinsichtlich der Fähigkeit einer Person zu ihrer Selbstorganisation in systematischer Weise aufgelistet.Theoretisch repräsentiert jedes dieser vier Felder einen jeweils formal ausbalancierten Anteil von 25 Prozent an der Gesamtheit der individuellen Lebensführung und ihre Bewältigungsanforderungen. Diese formal egalitäre Verteilung trifft aber empirisch auf die konkreten Problemstrukturen, mit denen sich die Klienten in ihrem Alltag auseinander setzen müssen, in den seltensten Fällen zu.

Faktisch aber werden im Verlauf der konkreten Fördermaßnahme in den vier Thmenbereichen unterschiedlich intensive Problemaufladungen vorgefunden. Diese abweichenden Aufladungen können insofern von den in der konkreten Fördermaßnahme curricular als vordringlich angesehenen, formal und über-individuell prä-konstruierten Maßnahmenfeldern - hier steht die Re-Integration in ein aktives Beschäftigungsverhältnis im Rahmen der Hartz-IV-Förderung eindeutig im Vordergrund (siehe Abb.3) - erheblich abweichen. Die Folge ist, dass die bürokratisch vorgezeichnete Eindimensionalität des Förderansatzes die biographisch-authentisch vorgefundenen, d.h. die realen Strukturen der Lebensführung ihrer “Kunden”/Klienten weitgehend außen vor lässt.

Dies wiederum erklärt, warum so viele Fördermaßnahmen bei den Problemgruppen des Arbeitsmarktes - etwa Ü-50jährigen und Alleinerziehenden - weitestgehend scheitern und sich die Einstiegseffekte in die Langzeitarbeitslosigkeit sogar verstärken. Der Grund für diese häufige Scheitern von Förderzielen liegt in den konkret vorgefundenen, biographisch-authentisch gegebenen Falldynamiken und Risikodimensionen. Bei Förderprojekten von Über-50-jährigen zeigt sich z.B., dass in zunehmenden Maße objektive Faktoren wie die Wohn- und Lebenssituation, der Grad der sozialen Des-Integration oder biographische Insuffizienzen u.U. eine essentielle Rolle für die Erreichung oder eben die Verfehlung der (Re-)Integrationsziele spielen. Zumal am Beginn der Förderung erweisen sie sich als wesentlicher entscheidender als etwa die unmittelbaren fachlichen Qualifizierungsziele, da diese eben viel zu häufig und viel zu einseitig im Zentrum von offiziellen Fördermaßnahmen stehen. Ein wirklich vordringliches Abarbeiten der biohraphischen Probleme der geförderten Personen wäre daher vonnöten. Dafür fehlen eine ausreichende Finanzierung, zeitliche “Geduld” und umfassend qualifizierte sozialpädagogische Betreuungsansätze. Ein nahezu identisches Bild zeigt sich bei Alleinerziehenden im Bereich der Hartz-IV-Förderung. Hier stehen z.B. die alltäglichen Anforderungen durch die Kinder notgedrungen im Vordergrund der Aktivitäten und der Aufmerksamkeitsstrukturen der Mütter und Väter.

Die Folge: Da sich die Fallgewichtungen bzgl. der biographisch-authentischen Fallstrukturen zumeist als in hohem Maße dis-balanciert erweisen, d.h. sich die Arbeitslosigkeit “lediglich” als ein Problemfaktor unter vielen anderen erweist, muß ein Großteil der Fördermaßnahmen einfach “scheitern”. Die Realstruktur der “Fälle”/ der geförderten Personen weist zu dem Angebot und den Zielen der Fördermaßnahme keine hinreichende Passung auf.

Fazit: Gängige Fördermaßnahmen sind aus sozialer Sicht vielfach bedenklich und bzgl. des wirtschaftlichen und beruflichen Erfolgs daher häufig in hohem Maße ineffektiv. Dies erklärt die hohe Verweildauer insbesondere von älteren Erwerbslosen und alleinerziehenden Müttern im SGB II-Bereich.

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Zum Autor

Univ.-Prof. i.R. Dr. Hans-Rolf Vetter, Jahrgang 1943, Leonberg/BW, Forschungsschwerpunkte: Wissenschaftliche Sozialpolitik, Moderne Erwerbsbiographien, Mütter und Mediation